Fragen ohne Antwort
Die Komische Gesellschaft feiert Premiere mit August Strindbergs komliziertem Stück "Traumspiel"

Bad Tölz - "Was des anderen Freud, ist des anderen Leid." Das erkennt Agnes, die Himmelstochter. Und immer wieder fühlt sie bedauernd, "es ist ein Jammer um die Menschen" . Als Tochter des Gottes Indra, kam sie auf die Erde. Um zu sehen wie die Menschen leben, hat sie selbst Menschenleben gelebt. Und dabei äußerst leidvolle Erfahrungen gemacht. Das schwerste, so hat August Strindberg, der das "Traumspiel" vor 100 Jahren schrieb, erklärt, sei anderen Böses zu tun, wozu man gezwungen werde, wenn man leben will.

Kein leichtes Stück hatten sich die Laienschauspieler der Komischen Gesellschaft vorgenommen, die am vergangenen Wochenende "Traumspiel" in der Tölzer Madlschule zeigten. Und das mit Erfolg, was sowohl den beiden Regisseuren, Alexander Schiller und Gerrit Jurda, als auch den Schauspielern zuzuschreiben ist. Nicht zuletzt machte die eingesetzte Technik Eindruck, die zusammen mit der Musik, wie immerbei K.G. Inszenierungen, eine besondere und tragende Rolle spielte.

Eine gut gelöste Inszenierung also: Denn mit Strindbergs psycho-philosophischem Werk hat es auch der Zuschauer nicht leicht. So gibt es eigentlich keine durchlaufende Handlung, sondern vielmehr verschiedene Sequenzen, die wie Traumphasen vorbeiziehen. Wiederholungen in jeweils etwas abgewandelter Form, sei es als Erinnerungen und Rückblenden, oder gegenwärtig Wahrgenommenes. Nach der Zeit, und was sie eigentlich bedeute, wird dabei immer wieder gefragt. Was stimmt an der sogenannten Logik, an der Wahrheit und was ist hinter der Tür verborgen, die es während des Traumspiels immer wieder zu öffnen gilt? "Nichts", sagt Agnes. Hätten dies die Menschen nicht schon immer wissen müssen? Der Dichter stellt jedenfalls fest, dass die ganze Welt nur Schein ist. Und Agnes überlässt sich dem reinigenden Feuer, um die Klage der Menschen den Göttern vorzutragen.

Ein anspruchsvoller Stoff also, den Strindberg schrieb, als er sich mit dem Buddhismus auseinander setzte. Ein Stück voller Fragen, Gedankenmodellen, die es darzustellen galt. Entsprechend gestrafft, verlor sich die Aufführung nicht in Nebensächlichkeiten, so dass der Spannungsbogen und die Dichte des gehaltvollen Stückes von Anfang bis Ende durchgehalten werden konnte. Hervorragend eingesetzt auch die Videotechnik: Auf sechs Monitoren fungierte sie als flackernde Geräuschkulisse, als Rückblende oder Nebenhandlung. Auf der Bühne zu sehen waren diesmal wieder die alten Hasen der Komischen Gesellschaft. Eine spannende schöne Aufführung insgesamt. Viel Applaus für die gesamte Theater-Crew.

SIGRID HOFSTETTER

Süddeutsche Zeitung / Bad Tölzer SZ 2.4.2001