Meisterhaft: Komische Gesellschaft begeistert mit der Inszenierung des Botho Strauß-Stückes
Bad Tölz - "Ein jeder stöhnt
und brüllt um seine eigene Wenigkeit, wer würde noch verrückt
nach
einem anderen?" Oberon hat es nicht mehr
mit Liebespaaren zu tun, sondern mit Egoisten. Ja mehr
noch: Er spricht den Menschen jede Fähigkeit
zur Lust an der Liebe ab.
Das ändert sich erst, als Cyprian,
vom Elfenkönig angestachelt, an die lauen Wesen dämonische
Amulette verteilt. Fortan geht alles drunter
und drüber.
"Der Park" heißt die düstere
Adaption des Shakespearschen "Sommernachtstraum" von Botho
Strauß, die die Komische Gesellschaft
am vergangenen Wochenende in der alten Madlschule in
Tölz aufführte. Kein leichtes
Stück, das sich die Laienschauspieler unter der Regie von Alex Schiller
vorgenommen hatten - galt es doch, nicht
nur das bekannte Sujet auf der Bühne umzusetzen, sondern
auch den hohen darstellerischen Anforderungen
zu genügen.
Viel gewagt also, aber auch viel gewonnen.
Mit enthusiastischem Beifall reagierte das Publikum auf
die Premierenaufführung. Schon während
des Stückes hatte es immer wieder Szenenapplaus
gegeben. Mit der Inszenierung des "Parks"
setzte der seit fünf Jahren bestehende Theaterverein, der
inzwischen 14 Schauspiele aufgeführt
hat, zweifelsohne einen neuen Höhepunkt.
Meist auf spärlich beleuchteter Bühne
und vor einer sparsamen Kulisse wurde die Geschichte erzählt,
untermalt durch Musik und Klang von Marc
Hoffmann und Thomas Jurda. Gewiß bringt das
anspruchsvolle Werk von Botho Strauß
an sich schon Tempo mit, gefällt durch szenische Einfälle und
spritzige Dialoge. Daß der "Park"
die Zuschauer jedoch von der ersten bis zur letzten Szene in seinem
Bann hielt, ist vor allem auf die hohe
Präsenz zurückzuführen, mit der die Schauspieler auf der
Bühne agierten. Hervorragend besetzt
waren dabei die Hauptrollen mit Tom Hansing, der den Elfenkönig
Oberon spielte. Ebenso faszinierend: Mohammad
Akhlaghi, ein Neuzugang aus Gräfelfing, als Cyprian.
Er überzeugte durch seine meisterliche
Körperarbeit und seine Mimik, mit denen er das dämonische
Wesen darstellte, das nicht von ungefähr
an den Puck im Sommernachtstraum erinnerte.
Als Menschenpaare traten auf: Angie Brinkmann
und Tobi Fuhrmann, Doris Holzheuer und Florian Glatz,
Sara Hackenberg mit Jasper Werhahn. Letzterer
- noch Schüler in der 11. Klasse des Tölzer
Gymnasiums - ist er der jüngste Schauspieler
in dieser Inszenierung. Fein und sensibel gelingt es ihm,
den Jungen darzustellen, der in das Mädchen
(Sara Hackenberg) verliebt ist. Die sitzt eher schnoddrig als
auch nur ein bißchen willig mit
dem Knaben auf der Parkbank. Auch Sarah Hackenberg, ein weiterer
Neuzugang der Komischen Gesellschaft,
bringt eine gute Portion Schauspieltalent mit ein. Verbleiben
noch Tina Plafky als Fürstin der
Erotik und Oberons Königin - sie war ebenfalls zum ersten Mal dabei
-
wie auch Georg Wittermann als Familienvater
mit Vergewaltigungsträumen und Stefan Urmann, der
schon als Höfling bei der Komischen
Gesellschaft zu sehen war.
Auch der Regisseur Alex Schiller, der gegen
Ende den Tod spielte, mit dem sich Helen (Doris
Holzheuer) augenscheinlich eingelassen
hatte, überzeugte durch feines Spiel. Das eigentliche
Bravourstück aber hat Schiller, der
sein Debüt als Regisseur feierte, mit der Inszenierung dieses Botho
Strauß-Stückes abgeliefert,
unterstützt von Anja Scherer als Assistentin.
Insgesamt eine tolle Aufführung, von
der ein Zuschauer sagte: "Schon fast erschreckend
professionell." Oder eben einfach gut.
SIGRID HOFSTETTER
Süddeutsche Zeitung / Wolfratshausener Neueste Nachrichten vom 21.06.1999