Warmduscher gegen Weichspüler

Kampfgeist: Das Team vom Improvisationstheater im spannenden Clinch

Bad Tölz – „Weichspüler gegen Warmduscher“ - drei gegen drei. Das Publikum gibt die Stichworte vor und stimmt anschließend per Applaus gnadenlos ab: Beim Improvisationsabend der komischen Gesellschaft am Samstag platzte das Tölzer Marionettentheater aus allen Nähten. Die Vorstellung war restlos ausverkauft und niemand dürfte sein Kommen bereut haben.

Zwei der Protagonisten des Abends treten auch im Münchner Fastfood-Theater auf: Raik Nordhausen und Bene Fuhrmann. Improvisations-Theater ist die intensivste Art von Theater“, sagt Fuhrmann. Die Vorgaben des Münchner Publikums sind besonders hart. In Tölz hatten sie ein Heimspiel. Nicht dass sie sich versteckt oder geschont hätten, im Gegenteil: sie stellten sich jeder Herausforderung des Publikums.

Die Auslosung der Mannschaften wollte es so, dass die beiden Publikumslieblinge im Team der blauen Weichspüler zusammen spielten. Unterstützt wurden sie von Clemens Hepperle, dessen Fangemeinde ebenfalls unüberhörbar war.

Doch Teamchef Florian Günther von den roten Warmduschern gab nie auf: Mit Unterstützung von Katha Jochem und Jasper Werhahn und mit Hilfe des coolen Schiedsrichters Benni Günther lieferte er den Favoriten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das seine Mannschaft erst im Entscheidungsspiel an den überragenden Raik Nordhausen verlor: Bei der Endlos-Soap „Auf dem Dachboden...“ war es Jasper Werhahn, der im Endspiel scheiterte, scheitern musste. Nordhausen spielte an diesem Abend auf wie Roy Präger, der gerade die Champions-League gewonnen hat. Seine Präsenz war enorm, er sprühte vor Spiellaune. Das Publikum schickt die Schauspieler in einen Irrgarten: Nordhausen fand fast immer einen Ausweg mit Knalleffekt.

„Beim Improvisationstheater kannst du nicht viel üben“, sagt Katha Jochem. „Okay, es gibt ein paar Standards, aber wenn dir im entscheidenden Moment nichts einfällt, kann die Szene endlos werden.“ Fuhrmann hat es selbst schon erlebt, er stand auf der Bühne und sein Kopf war absolut leer. „Wenn du einen Partner hast, der dir weiterhilft, dir vielleicht ein Stichwort gibt, kannst du die Szene retten.“

Im Zusammenspiel mit Nordhausen rettete Fuhrmann am Samstag manche Szene. Die Kreuzigung wäre ziemlich peinlich geraten, hätte Jesus Fuhrmann nicht einen so biblischen Ton getroffen. Beim Dia-Spiel stellten Fuhrmann und Hepperle den typischen Arbeitstag zweier Bullen von Tölz nach. Köstliche Szenen zuhauf gab es beim Expertenspiel. Viel mehr als Grimassieren konnte Fuhrmann, der Erfinder des „Dosenschließers“ dabei nicht, aber es genügte. Florian Günther als verwirrter Erfinder des Nasentropfenfängers stand ihm übrigens nicht nach.

„Improvisationstheater kannst du nicht jeden Abend machen“, sagt Fuhrmann. Es koste zu viel Substanz und man sei von der Tagesform abhängig. Trotzdem will sich der Student der Sozialpädagogik in Zukunft noch stärker auf seine Theaterarbeit konzentrieren.

raum

(SZ vom 12.10.1999)